Ethernet-APL (Advanced Physical Layer) ist ein spezielles 2-Draht-Ethernet auf der Basis von 10BASE-T1L gemäß IEEE 802.3cg, das mit zusätzlichen Vorkehrungen für die Prozessindustrie ausgestattet und dementsprechend ein Teil der IEEE 802.3 Ethernet Spezifikation ist. Für Netze in der Prozessindustrie bedeutet diese neue Technologie vollständige Interoperabilität und Flexibilität durch eine nahtlose Anbindung der Feldgeräte über Ethernet-Protokoll im Tandem mit einer schnellen Datenübertragung in die Informationsebene über große Entfernungen inklusive Stromversorgung der Feldgeräte. Moderne, schnelle und leistungsfähige Automatisierungsnetze im Zuge der Digitalisierung können somit jetzt deutlich einfacher aufgebaut werden.
Für Endnutzer eröffnet Ethernet-APL Möglichkeiten für neue Strukturen beim Aufbau leistungsfähiger Automatisierungsnetze. Wie schon erwähnt können damit Feldgeräte nahtlos über Ethernet-Protokoll in das Netzwerk integriert werden und wir sprechen hier nicht von einigen wenigen, sondern von Millionen installierter Geräte – wie kleine Sensoren, Steuergeräte oder hochkomplexe analytische Instrumente. Jährlich kommt eine ähnliche Anzahl hinzu und die meisten dieser Geräte verwenden auch heute noch die 4-20-mA-Technologie, eventuell unterstützt durch digitale Punkt-zu-Punkt-Kommunikation über das HART-Protokoll. Ergänzt wird dies durch die vielerorst installierten, aber bereits in die Jahre gekommenen digitalen Feldbusse zur Übertragung zusätzlicher Messgrößen und Parameter. Allerdings ist dies durch die Komplexität, die Kosten, die speziellen Gateway-Komponenten und das erforderliche Expertenwissen nach wie vor speziellen Applikationen vorbehalten.
Mit Ethernet-APL, das in 2021 gänzlich verabschiedet wurde, steht ein neuer Standard für durchgängige Ethernet-Kommunikation bis zum Feldgerät zur Verfügung. Er berücksichtigt die spezifischen Anforderungen der Prozessindustrie, wie z.B. die Überbrückung großer Distanzen mit einer einfachen 2-Draht-Leitung, die neben der Datenkommunikation auch Energie für das angeschlossene Feldgerät bereitstellt. Ein bedeutender Schritt wurde mit der Erhöhung der Datenrate auf 10 Mbit/s gegenüber HART und Feldbussen getan. Zudem beschränkt sich APL auf die Definition eines neuen Übertragungsstandards für Ethernet auf der untersten Ebene und behält so die Eignung für beliebige ethernet-basierte höhere Protokolle bei. Jetzt ist erstmals eine transparente Kommunikation von Produktions- oder Unternehmensnetzen bis hinunter zum Feldgerät möglich und der Einsatz teurer Gateways entfällt ebenfalls. Automatisierungsprotokolle können frei eingesetzt werden, wie auch Web-Server, OPC UA und Cloud/Edge-Connectivity.
Die Ethernet-APL Engineering Guideline beschreibt drei unterschiedliche Netzwerk-Topologien für Ethernet-APL Netze. Hinsichtlich der Netzwerktopologie gehen wir bei Softing jedoch davon aus, dass für Netzbetreiber diejenige Alternative die Oberhand gewinnen wird, in der ein APL Field Switch direkt in das „Control-Network“ integriert wird. Hierfür hat Softing eine aplSwitch-Produktlinie entwickelt, die sowohl eine Kupfer- als auch eine Glasfaseranbindung unterstützt und Ende 2023 verfügbar sein wird. Für eine optimale Netzstabilität sorgen die „Netload Rate Limits“, die von allen APL-Switches von Softing unterstützt werden. Was hat es damit auf sich? Für den stabilen Betrieb eines PROFINET-Netzwerkes ist es wichtig, die Netzlast zu kontrollieren, der die Ethernet-APL Geräte ausgesetzt sind, denn bei den Übergängen im Switch von 100 Mbit/s auf 10 Mbit/s bedeutet eine höhere Netzlast im „100 Mbit/s Control Network“ für die Ethernet-APL Geräte an den 10 Mbit/s Spurs einen besonders kritischen Faktor, da deren Datendurchsatz nur 10% des „Control Networks“ beträgt. Das heißt, dass der Ingress- und Egress-Datenverkehr von den Switch Ports limitiert werden muss – durch Netload Rate Limits. Weitere, optimierte Varianten von APL-Switchen für die Installation direkt im Feld und im Schaltschrank sind bei Softing in Vorbereitung.
Für Gerätehersteller empfiehlt sich aus unserer Sicht, auf eine komplette Neuentwicklung zu verzichten und stattdessen ein Redesign unter Verwendung eines Elektronik-Moduls mit allen kommunikationsrelevanten Hard-und Softwarekomponenten ins Kalkül zu ziehen, denn nur so können neue Ethernet-APL-fähige Geräte mit kurzer Time-to-Market realisiert werden. Hier setzt Softing an und unterstützt mit dem neuen commModule APL als kostengünstiges SMD-Hardwaremodul, die Hersteller bei genau dieser Herausforderung. commModule APL wird mit einem vorinstallierten PROFINET-Stack geliefert und bietet ein konfigurierbares Anwendungsdatenmodell sowie ein Befehlsmapping, mit dem vorhandene HART- und Modbus-Geräte auf Ethernet-APL migriert werden können, ohne eine einzige Codezeile zu schreiben. Die Zuordnung zu HART- oder Modbus-Befehlen erfolgt mit dem zugehörigen commScripter-Tool. Das commModule APL hat bereits eine umfassende EMV-Prüfung und Umwelttests sowie die Konformitätsprüfungen für den Ethernet-APL Physical Layer und für das PROFINET-Protokoll mit PA-Profil 4.02 durchlaufen. Zudem ist es gemäß ATEX und IECEx vorzertifiziert. Diese Eigenschaften sorgen für eine drastische Reduzierung des Aufwands und des zeitlichen Risikos, die es bei der Neuentwicklung von Gerätehardware abzuwägen gilt.
Ethernet-APL birgt einen großen Schatz an Flexibilität und Möglichkeiten für individuelle Netzstrukturen und hat einen Reifegrad erreicht, der den Einsatz entsprechender Geräte in Produktionsumgebungen durchaus gestattet. Auf der Hand liegt zudem der Wegfall von Hardwarekosten, der Anschaffung von speziellen Gateway-Komponenten und Konfigurationsaufwänden durch Experten, die insbesondere bei der Integration in die überlagerte Ethernet-Infrastruktur der Anlagen benötigt werden, die diese Netzübergänge verursachen. Dennoch sollte eine Implementierung wohl geplant und strukturiert werden, um alle Vorteile dieses neuen Standards vollumfänglich auszuschöpfen und es lohnt sich in jedem Fall, Ethernet-APL bei zukünftigen Planungen zu berücksichtigen.
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